Das 1859 und 1860 entstandene Messtischblatt beruht maßgeblich auf der Karte von 1834. Es setzen sich in diesem die Tendenzen und Entwicklungen zu höherer Standardisierung und besseren Methoden, die bereits das vorangegangene Blatt geprägt haben, fort. Aufbauend auf den Grundlagen von Müffling wurde die Landesaufnahme zunächst fortgesetzt und die Methoden verfeinert. Im Anschluss kam es mit den neuen Methoden zu einer kompletten Neuaufnahme.
Die prägenden Figuren der Weiterentwicklung der Landesaufnahme waren der Offizier Johann Jacob Baeyer (1794-1885), der bereits an der Entwicklung des Müffling-Ellipsoiden mitgewirkt hatte und der Königsberger Professor Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846). Sie hatten großen Einfluss auf die technische und organisatorische Weiterentwicklung der Landesaufnahme. In ihrer Zusammenarbeit hat Bessel eher die Rolle eines klugen Theoretikers, währen Baeyer durch seinen Dienst im Generalstab über ein hohes Maß an praktischer Erfahrung verfügte. Ab 1832 waren Baeyer und Bessel an der sogenannten Verbindungsmessung mit dem Russischen Reich beteiligt, in der bis 1835 die preußischen Dreiecksnetze mit jenen der russischen Vermessung verbunden wurden. Der Vorteil einer solchen Messung ist, dass es möglich ist über längere Strecken genauere Daten zu gewinnen und so die eigenen Messungen zu kontrollieren und zu verbessern.
Die Verbindung des russischen Netzes und des Preußischen Netzes fand im Bereich Ostpreußen statt. So waren unter anderem Memel und Königsberg Fixpunkte der Messung, an denen astronomische Ortsbestimmungen vorgenommen wurden. Zwischen diesen Punkten wurden dann neue Dreieckslinien gemessen. Zwei der Schnittpunkte dieser Messung befinden sich auf der Kurischen Nehrung, der eine in Nidden (Nida) der andere im untergegangen Ort Lattenwalde. Aufgrund der zeitlichen Überschneidung ist es möglich, dass die die Karten von 1834 ein Produkt dieser Verbindungsmessung mit dem Russischen Zarenreich sind.
Ein Ergebnis dieser Messung war zum einen die Fertigung genauerer Karten. Zum anderen konnte Bessel hierbei feststellen, dass das Müffling-Ellipsoid deutlich von der wirklichen Erdfigur abwich. Er entwickelte daraufhin ein eigenes, neues Ellipsoid. Dieses Bessel-Ellipsoid wurde 1841 veröffentlich und beruhte auf insgesamt 10 Gradmessungen. Ab 1866 wurde dieses Ellipsoid für über ein Jahrhundert die Grundlage der Vermessungen in Deutschland und weiteren Staaten.
Die Messtischblätter von 1859/1860 sind jedoch vor der Verwendung des Bessel-Ellipsoiden erstellt worden. Wie ihre Vorgänger sind auch sie im Messtischblattformat 1:25.000 aufgenommen worden. Sie zeichnen sich gegenüber den Müfflingkarten durch eine höhere Detailtreue und genauere Aufnahmen aus. Außerdem wurden die Schraffen (schräge, an den Schattenwurf angelehnte Markierungen der Geländekontur) durch Höhenlinien ersetzt.
Verwendete Literatur
Hamel, Jürgen; Buschmann, Ernst (1996) Friedrich Wilhelm Bessels und Johann Jacob Baeyers Zusammenwirken bei der „Ostpreußischen Gradmessung" 1830-1838. In: Seeger. Hermann (Hrsg.) Beiträge zum J. J. Baeyer-Symposium. Berlin-Köpenick, 05.-06. 11. 1994. Verlag des Instituts für Angewandte Geodäsie, Frankfurt am Main, 45-57.
Müffling, Karl P. F. C. F. von (1821 [1980]): Instruction für die topographischen Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabes. Reproduktion des Instituts für Angewandte Geodäsie. 1980.
Torge, Wolfgang (2002): Müfflings geodätisches Wirken in der Umbruchepoche vom 18. zum 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV) 127, S. 97–108.
Torge, Wolfgang (2005): Der lange Weg der preußischen Landesvermessung: zum 100. Todestag von Oscar Schreiber (1829–1905). In: Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV) 130 (6), S. 359–371.
Torge, Wolfgang (2009): Geschichte der Geodäsie in Deutschland. 2., durchges. und korrigierte Aufl. Berlin: de Gruyter.