Messtischblätter (1912)

Die Messtischblätter von 1912 entstanden 52 Jahre nach den Messtischblättern von 1859/60. Sieht man von der Schroetterschen Karte ab, sind die erkennbaren Unterschiede in der Kulturlandschaft in der Karte von 1912 im Vergleich zu der vorhergehenden Karte am auffälligsten. Der erkennbare Wandel zwischen den Karten ist maßgeblich auf menschliche Eingriffe in die Natur zurückzuführen und weniger ein Relikt der fortschreitenden Entwicklung der Vermessungstechnik.

Die Gesamtfläche der Nehrung ist im Blatt von 1912 mit 166,52 km² nur unwesentlich größer, als in der vorhergehenden Karte (1859/60: 165,96 km²). Anteilig an der Gesamtfläche, hat sich die Fläche des Sandes als prägende Landschaftsform um etwa 20 Prozentpunkte auf 30,77 % verringert. Gleichzeitig ist auch der Anteil der Flächen mit Kraut-/Strauchbewuchs (inkl. grauer Düne) auf 14,11 % zurückgegangen, der Wert hat sich also etwa halbiert. Leicht gestiegen ist die Fläche des Grünlandes, die von 2 % (1859/60) auf 3 % zunimmt. Den landschaftlichen Wandel bestimmt hat allerdings die Zunahme der Waldflächen, die auf 46,67 % der Gesamtfläche angewachsen sind. Somit hat sich der Anteil der Waldfläche seit 1859/60 verfünffacht.

Diese Entwicklung ist im Kartenbild eindrucksvoll nachvollziehbar. Sieht man sich die Karten von 1859/60 und 1912 im Vergleich an, fällt der Wandel sofort ins Auge. War die dominante Farbe bis einschließlich 1859/60 die gelbe Signaturfarbe des Sandes, ist es 1912 das Dunkelgrün des Waldes. Betrachtet man die räumliche Verteilung des Waldes näher, so fällt auf, dass sich der Wald nun über die gesamte Länge der Nehrung erstreckt und sich nicht mehr wie zuvor allein um die Ortschaften konzentriert. Die großen zusammenhängenden freien Sandflächen sind verschwunden. Sie sind nun entweder mit Wald bedeckt oder zumindest von Kraut-/Strauchbewuchs (inkl. grauer Düne) durchbrochen.

Dieser landschaftliche Wandel ist das Ergebnis der Dünenbefestigungsarbeiten unter der Leitung von Wilhelm Franz Epha (1828-1904) und anderer Akteure. Die Karte von 1859/60 entstand kurz vor dem Beginn der systematischen Dünenbefestigungen auf der Kurischen Nehrung, die Karte von 1912 hingegen nach ihrem weitgehenden Abschluss, sodass im Vergleich der Karten ihr tiefgreifender Einfluss auf das Landschaftsbild der Kurischen Nehrung eindrucksvoll nachvollzogen werden kann. Die Festlegung der Dünen bedeutete für das Ökosystem der Kurischen Nehrung einen dauerhaften und tiefgreifenden Wandel seiner Funktionsweise und seines Aussehens. Für die Bewohner auf der Kurischen Nehrung bedeutete die Festlegung der Dünen hingegen eine signifikante Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, da die ständige Bedrohung der Versandung ihrer Wohnstätten und Orte so gebannt werden konnte. Zeitgleich mit der Festlegung der Dünen wuchs der Anteil der Siedlungsfläche von 1,60 % auf 2,01 % an, was durch die Eingriffe in die Natur begünstigt wurde.

Die Karte von 1912 ist noch aus einem anderen Grund interessant. Sie ist die letzte amtliche Karte vor dem Ersten Weltkrieg und der staatlichen Trennung der Kurischen Nehrung im Nachgang des Krieges. Sie ist zudem die letzte Karte in der Tradition der preußischen Landesaufnahme durch den Generalstab, die mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon begann.

 Typ

Quadratkilometer

Prozentualer Anteil

Kraut-/Strauchbewuchs (inkl. grauer Düne)

23,49

14,11

Wald

77,71

46,67

Wasserfläche (außer Haff und Ostsee)

0,33

0,20

Feuchtgebiete/Moor/Bruch

2,94

1,77

Siedlungsfläche und nähere Umgebung

3,35

2,01

Grünland (inkl. lichtem Baumbestand)

5,09

3,06

Landwirtschaftliche Fläche

2,36

1,42

Sand

51,24

30,77

Summe

166,52

100,00

 

Methodischer Hinweis: Die erläuternde Kartenbeschreibung bezieht sich auf die abgeleitete Form der Karte, die links dargestellt wird. Dazu wurde aus den Signaturen der Ausgangskarte der Landnutzungstyp bzw. das Ökotop abgeleitet und in einer zusammengefassten Karte dargestellt. In dieser Form wurde auf die Höhenangaben komplett verzichtet, weswegen diese hier nur in Form von Zusatzinformationen beachtet werden. Diese Informationen betreffen insbesondere die Verteilung und die Form der für die Nehrung so prägenden Dünen.